Der politische Selbstmord der Grünen

Uff, das Tor hat gesessen Herr Güldner (Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft), Herr Güldner nennt es “Tor des Monats” ich finde “Eigentor des Jahres” besser! Ich dachte eigentlich die Grünen hätten aus der Kritik an ihren Enthaltungen bei der Abstimmung zu den Internetsperren im Bundestag gelernt. Von einigen wurde das Thema durchaus differenziert aufgegriffen. Langsam hatten sich die Wogen ja schon wieder etwas gelegt. Aber dann muss Herr Güldner gleich eine Atombombe in der WELT zünden:

Gastkommentar: “Zur unerträglichen Leichtigkeit des Internets – Regeln gelten überall” von Matthias Güldner.

Ich fand es ja schon schlimm von SPD und CDU/CSU in die Nähe von Kinderschändern gestellt zu werden aber das die Grünen dann auch noch nachtreten müssen macht mich jetzt dann E C H T S A U E R. Konstruktive Kritik ist ja immer willkommen, aber das ist einfach nur Populismus wie ich ihn sonst nur von der CSU hier in Bayern kenne:

Die Auseinandersetzung um die Internetsperren dreht sich im Kern aber gar nicht um die – bisher konsensuale – Bekämpfung der Kinderpornographie. Es geht vielmehr knall hart um Definitionsmacht in Zeiten der Virtualisierung der Welt. Ihre Anhänger kämpfen mit hoch effektiven Mitteln für die Rechtsfreiheit ihres Raumes. Wer sich in ihre Scheinwelt einmischen will, wird mit Massenpetitionen per Mausklick weggebissen.

AAAAAAaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh schon wieder der Spruch vom rechtsfreien Raum! Ich kann es nicht mehr hören! Nein, das Internet ist kein rechtsfreier Raum, wenn Politiker aber weiterhin derart schlechte Gesetze machen könnte es bald einer werden! Ich fordere effektive Gesetze für reale Menschen!

Die Tatsache, dass diese Community viel Zeit in virtuellen Räumen verbringt, spielt dabei eine große Rolle. Wer Ego-Shooter für Unterhaltung, Facebook für reales Leben, wer Twitter für reale Politik hält, scheint davon auszugehen, dass Gewalt keine Opfer in der Realwelt fordert.

Dies halte ich für eine boshafte Unterstellung! Die meisten Mensche die sich gegen Internetsperren ausgesprochen haben stehen mit beiden Beinen im Leben und kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Hier wird versucht einen Mythos von Kellerkindern aufzubauen, den es so nicht gibt! Deshalb an dieser Stelle nochmals der Verweis zu:

Da ist zum Beispiel das Argument, die Sperren könnten umgangen werden. Da haben sich einige wohl das Hirn herausgetwittert. Genauso gut könnte die Tatsache, dass Morde begangen werden, obwohl sie verboten sind, als Argument gegen den Mordparagraphen im Strafgesetzbuch angeführt werden.

Herr Güldner, hier haben Sie sich eindeutig im Ton vergriffen! Aber trotzdem, dieses Argument ist doch Banane… die Internet-Community hat gezeigt das es möglich ist innerhalb von kurzer Zeit (wenige Stunden) entsprechende Seiten zu löschen. Deshalb sagen wir Internetsperren sind leicht zu umgehen, wir müssen den Schwerpunkt darauf legen diese Seiten möglichst schnell zu löschen. Das Wort Löschen kommt im Beitrag von Herrn Güldner übrigens überhaupt nicht vor. Hier einen Vergleich mit Mord anzubringen finde ich ziemlich schräg!

Aber in Skandinavien wurden schon positive Erfahrungen mit vergleichbaren Gesetzen gemacht.

So, wirklich? Ich würde eher von totalem Versagen sprechen, wenn auf diesen Sperrlisten 17 Webseiten aus Deutschland geführt werden und diese nach Monaten immer noch aktiv sind. Tut mir Leid eine positive Erfahrungen Erfahrung kann ich hier nicht erkennen. Eine dieser Webseiten war übrigens innerhalb von 10 Minuten aus dem Netz, nachdem jemand eine kurze Meldung beim entsprechenden Hoster gemacht hatte (Quelle scusiblog: Wo stehen die Server die in Europa blockiert werden?).

Entsprechend heftig fallen die Reaktionen über die Meinung von Herr Güldner aus:

Ich bin von den Grünen enttäuscht! Am 27. September 2009 gehe ich Piratenpartei wählen…

Wir sind Gamer

Wir sind Gamer

Am 25.07.2009 war ich auf der “Wir sind Gamer” Demonstration in Karlsruhe. Super Wetter, nette Leute und eine tolle Atmosphäre. Hier gibts noch ein kurzes Video, Vimeo-Video: http://vimeo.com/5769880.

Meine Bilder gibts bei Flickr: http://www.flickr.com/photos/scheisssoftware/

Für alle Gamer gibt es jetzt einen Verband für Deutschlands Video- und Computerspieler (VDVC).

Was habe ich von dieser Demo an Erkenntnis mitgenommen?
Die Gamer haben im Prinzip das gleiche Problem wie die gesamte Internet-Community. Die breite Masse der Menschen in Deutschland hat von Internetsperren genauso wenig Ahnung wie von Ego-Shootern und War Craft 2. Da die Massenmedien nicht wirklich viel zu diesem Thema bringen – wer will seine Leser schon mit Hintergrundinfos zum DNS langweilen – liegt es an uns allen diese Themen und entsprechendes Wissen unters breite Volk zu streuen. Es hilft eben nix im Heise-Forum über Politiker zu schimpfen! Nein, wir müssen raus auf die Strasse! Wir müssen mit Leuten reden und wir müssen unsere Meinung verkaufen!

Deshalb an alle: Realität ist da, wo der Pizzamann herkommt…

Ich weiss selbst das dies leichter gesagt als getan ist! Ich bin IT-Berater und kein Politiker! Für mich war die Demo am 25.07.2009 mit 35 Jahren die erste Demonstration meines Lebens. Aber wenn wir das Thema nicht breit streuen macht es sonst keiner! Also auf gehts… alle mit machen!

Gerüchte, Angst und Unsicherheit im rechtsfreien Raum

Ich kann die Sprüche vom “rechtsfreien Raum” jetzt schon bald nicht mehr hören. Ich hätte dazu noch einiges zu erzählen… es gab in den letzten Jahren ja durchaus Vorderungen “aus dem Netz” nach Gesetzen für mehr Rechtssicherheit im Internet… so ist es ja nicht, aber dazu vielleicht in einem anderen Eintrag mal mehr…

Am 17. Juli schreibe ich noch über “Die Sperrliste” und was lesen wir am 22. Juli bei heise.de?

Provider dementieren Gerüchte über bereits aktive Web-Sperren

Arcor/Vodafone und die Deutsche Telekom haben eine Meldung aus dem Umkreis des Chaos Computer Clubs (CCC) entschieden von sich gewiesen, dass die umkämpften Blockaden kinderpornographischer Seiten in ihren Netzen schon in Kraft seien.

So in etwa habe ich mir das vorgestellt, solche Meldungen sehen wir die nächsten Jahre immer wieder. Bin gespannt wann so mancher Anbieter von Schmuddel-Seiten auf die Idee kommt dies als Werbe-Plattform zu missbrauchen. Einfach kurz auf Twitter das Gerücht streuen www.geiletitten.de is down, schon schreit die ganze Welt Z E N S U R. Oder noch besser, ein PsyOps Angriff des BKA auf Islamisten-Seiten. Gerücht streuen www.al-qaida.de is down, jeder geht nachkucken und die Site geht im DDOS in die Knie.

Aber mal Spass bei Seite. Wir stehen in meinen Augen wirklich an einem Punkt wo ein vielleicht gut gemeintes Gesetz in der Realität völlig kontraproduktiv wird. Wir haben einen permanenten Zustand von Unsicherheit und Angst. Und was ist die Folge davon? Die Leute haben Angst und die Polizei wird als Ermittlungsbehörde nicht mehr angenommen, d.h. die Leute trauen sich nicht mehr Fälle von Kinderpornographie im Internet zu melden. Falls ich mit meiner Vermutung richtig liegen sollte, wäre das verdammt tragisch! Dann sind wir nämlich genau da wo wir vor 10 Jahren mal angefangen hatten.

Drei zusätzliche Meldungen dieser Woche haben mich bei diesem Eindruck leider bestärkt.

Augsburger Allgemeine: Falsche Tür eingetreten

Nach einer Amokdrohung im Internet haben Polizisten in Recklinghausen die falsche Tür eingetreten. Der Einsatz hat für die Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Münster ein Nachspiel…

Hintergrund war, das ein Nachbar die Amokdrohung über das ungesicherte Funknetzwerk des vermeintlichen Amokläufers abgegeben hatte. Das erinnert mich irgendwie die Sauerland-Zelle. Oder wie es der Verfassungschutz in “Terrorismusbekämpfung in Europa Herausforderung für die Nachrichtendienste” schreibt:

…Darüber hinaus nutzen die Tatverdächtigen nicht geschützte WLAN-Zugänge unbeteiligter Dritter für die eigene Kommunikation, um die eigene Identität zu verschleiern und sich einer Überwachung zu entziehen…

Mit zunehmendem Zugriff auf Informationen aus der Vorratsdatenspeicherung werden wir solche Fälle ebenfalls noch viel öfter als in der Vergangenheit sehen. Ehm, und nebenbei bemerkt… die zur Sicherung von WLANs eingesetzten Verfahren würde ich jetzt nicht umbedingt als wirklich sicher bezeichnen! Wie man z.B. hier nachlesen kann:

Aber es gibt ja noch mehr dolle Pannen…

Sie wissen nicht was ein HTTP-Referrer ist?
Macht nix, die Staatsschützer beim BKA wissen es offenbar auch net! Anders ist die Geschichte “BKA: Beim Knütteln anamorph” im Blog von Pantoffelpunk wohl nicht zu erklären (PsyOps?).

Und für das Wort Internetausdrucker gibt es jetzt Beweise! Als Opfer muss die 16-jährige Nastassia Kinski herhalten… unter anderem im Blog von Deutschlandpolitik: “Unsere Internetausdrucker“.

Ich möchte an dieser Stelle nochmal klar machen, das ich nichts gegen die Polizei habe, ganz im Gegenteil! Für mich ist es fast schon peinlich von “rechtsfreiem Raum” zu sprechen obwohl sich ganz klar zeigt das wir keine neuen Gesetze brauchen, das ist doch alles nur Papier! Wir brauchen echte Polizisten mit Know-How die echte Verbrecher wirkungsvoll bekämpfen können, ob das im Netz oder auf der Straße ist!

So und zum Abschluss gibts, passend zum Thema Internetausdrucker, nochmal was zu lachen, Youtube-Video: https://youtu.be/Y4xvFXPNrI4.

So und nun bin ich noch gespannt auf die Demo heute in Karlsruhe!

Das ZugErschwG und seine Folgen

Nachdem ich politisch etwas aktiver geworden bin, stehe ich mit einigen Politikern in der Diskussion. Beim Zehn-Punkteplan gegen Kinderpornographie der SPD schreibt mir ein SPD-Politiker über das ZugErschwG:

Sobald dies umgesetzt ist, kann das deshalb befristete Gesetz wieder in der Mottenkiste verschwinden.

Für mich zeigt dies deutlich, das der Kern unserer Kritik in der deutschen Politiklandschaft noch nicht wirklich angekommen ist!

Zunächst mal finde ich es gut, das man Gesetze auf eine bestimmte Zeit befristen kann und dann evtl. nachbessert. Man sollte sich aber doch davor hüten, einfach mal so Gesetze in die Welt zu setzen, ganz nach dem Motto “Wir haben zwar keine Ahnung, aber wir machen mal was. Is ja nicht so schlimm, wir können das Gesetz ja befristen…”. Diese Einstellung finde ich etwas naiv!

Warum? Dieses Gesetz beschließt die Implementierung einer Technologie. Diese Technologie wird dann im Rahmen des ZugErschwG zur Sperre von kinderpornographischen Seiten eingesetzt, soweit sogut. Nehmen wir mal an das Gesetz stellt sich als nutzlos heraus, oder wir finden bessere Wege, dann läuft das Gesetz aus und die Internetsperren sind Geschichte. Dies stimmt so aber doch nicht ganz! Die Technologie bei den Internet-Providern – eben diese Zensurinfrastruktur – bleibt technisch weiterhin bestehen. Die Sperrliste ist nur einfach leer. Als Folge davon ist die Hemmschwelle der Politik wieder irgendwelche Inhalte auf Basis dieses Verfahrens sperren zu wollen beim nächsten mal schon wesentlich niedriger! Man wird dann sicherlich Sätze hören wie: “Wir haben das damals bei der Kinderpornographie gemacht, wir können das bei XYZ jetzt auch machen, die Technik ist ja schon da…”.

Wenn ich es mir recht überlege ist das quasi eine neue Anfixthese bezogen auf die Zensurinfrastruktur.

Aus diesem Grund sprechen wir allgemein von Zensurinfrastruktur, weil es eben um die Technologie an sich geht. Bei Waffen und der Atom-Technik ist dies ganz ähnlich. Wer Waffen entwickelt muss eben auch damit leben das seine Waffen unter Umständen von den Bösen eingesetzt werden. Die Infrastruktur der Internetsperren bildet hier keine Ausnahme. Eine Technologie an sich ist immer neutral also eben nicht schwarz und auch nicht weiss. Und genau aus diesem Grund muss sich jeder der zum ZugErschwG steht mit dem Begriff Zensurinfrastruktur anfreunden.

Eine Technologie an sich läßt sich also niemals 1:1 mit einem bestimmten Zweck verknüpfen. Es gibt ja auch keine satelliten-gesteuerten Präzisionsbomben gegen al-Qaida Terroristen. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die Diskussion um die Verwendung der Mautbrücken für Fahndungszwecke.